ENGLISH TEXT BELOW: PORTRAIT WORKSHOP WITH ELOY MORALES
Eloy Morales’ Studio befindet sich in einem Industrieviertel im Norden Madrids. Viel zu sehen gibt’s in dieser Gegend nicht, aber deswegen bin ich ja auch nicht hier. Und wer abends noch was erleben will, ist mit der Bahn in 20 Minuten im Zentrum. Oder man sucht sich gleich ein Hotel im Zentrum. Im Studio angekommen, werde ich erst mal neidisch: Es handelt sich um eine moderne Ein-Raum-Maisonette-Wohnung mit einer kompletten Nordlicht-Fensterfront über die zwei Etagen und Balkon davor. Die Teilnehmer_innen kommen aus aller Welt, aus diversen europäischen Ländern, sowie den USA, Qatar und Ecuador. Das ist eigentlich auch das Schöne an solchen Workshops: Wenn man selbst bereit ist, erstens dafür zu reisen und zweitens ein wenig Geld zu investieren – mit anderen Worten: sich wirkliche Meister_innen ihres Fachs zu auswählen -, dann kann man davon ausgehen, dass andere das auch tun und man kann eine internationale Besetzung erwarten.

Eloy ist ein wunderbarer Lehrer, der es im Handumdrehen schafft, eine sehr angenehme Atmosphäre in der Gruppe zu schaffen. Auch wenn er zu Anfang direkt auf die Einhaltung einiger Verhaltensregeln pocht (u.a. Handys ausschließlich 10 Minuten vor der Pause oder vor Feierabend erlaubt), so fließt alles leicht und locker dahin und er nimmt sich für jede_n die nötige Zeit zur Einzelbetreuung, beantwortet alle Fragen und erteilt wertvolle Ratschläge. Er betont, dass es ihm bei dem Workshops vor allem auch um die Weitervermittlung seines Wissens und seiner Gabe geht. Man merkt ihm deutlich an, dass er mit Herzblut bei der Sache ist. So ist es nicht verwunderlich, dass einige Teilnehmer_innen schon mehrfach an seinen Kursen teilgenommen haben und sich dies auch deutlich in der Qualität ihrer Bilder zeigt.
Zunächst haben wir die Aufgabe, das Referenzfoto mittels einer Kopie auf Transparentpapier, Kohlepapier und Bleistift auf unsere Leinwand zu übertragen. Das allein war schon die erste Herausforderung für mich. Denn während ich bisher immer auf einer qualitativ hochwertigen Fotovorlage für meine Kunst bestanden habe, gibt Eloy uns ein Foto, das nach meinen bisherigen Maßstäben wirklich schlecht ist: Das Porträt ist ziemlich unscharf und ein Großteil sehr dunkel geraten, so dass man viele Konturen nur erahnen kann, die wenigen Highlights hingegen sind völlig überbelichtet. Doch Eloys Auswahl ist gut durchdacht. Dazu später mehr.
Dann stellt Eloy seine Technik vor und wir dürfen ihm über die Schulter schauen. Ich muss hier kurz etwas ausholen: Ich bin in der Ölmalerei bisher ausschließlich Autodidaktin gewesen. Das heißt, ich habe mir in all den Jahren meine eigene Technik und auch meine eigene Palette erarbeitet. Sicherlich habe ich hier und da mal im Internet geschaut oder in Büchern gelesen, aber ich habe mir dabei wirklich eine ziemliche Patchwork-Vorgehensweise angeeignet, die sich in vielem von der Eloys völlig unterscheidet. Es ist nicht ganz einfach, sich von jetzt auf gleich auf etwas ganz Neues einzulassen. Dennoch wollte ich unbedingt zu Eloy, da ich seine künstlerischen Fähigkeiten enorm bewundere. Ich hatte mir daher auch fest vorgenommen, alles so zu machen, wie er es uns zeigt. Was bringt es mir sonst, an einem Workshop teilnehmen zu wollen, wenn ich nicht dazu bereit bin, mich 100%ig einzulassen?
Das hieß zunächst, mich von etwa zehn Pinseln – oder auch schon mal zwanzig – in einer Malsession auf genau einen zu reduzieren! Eloy benutzt außerdem eine Pinselstärke, die ich bisher erstens als zu nachgiebig (da Rundkopf- statt Flachkopfpinsel) und zweitens als zu grob (da Stärke 6 statt 2 oder sogar noch kleiner) empfunden habe.
Das hieß auch, keine Farben vorzumischen, wie ich es auf meiner eigenen Palette nach einer sorgfältig ausgearbeiteten Methode normalerweise tue. Immerhin gleichen die vorhandenen Grundfarben auf Eloys Palette ungefähr den meinen, so dass ich mit der Auswahl gut zurecht kam. Wer bei Eloy einen Kurs besuchen möchte, sollte auf jeden Fall schon vorher einiges vom Farbenmischen verstehen.
Weiterhin bedeutete es, mit dem Medium Liquin® zu arbeiten, was Ölfarben schneller trocknen lässt. Eine ganz neue Erfahrung, aber hier nur ein Randaspekt.

Vor allem aber hieß es, nicht meinen bisherigen Ansatz zu verfolgen, eine komplette Schicht eines Gesichts in einer Malsession möglichst zu vollenden, sondern sich stattdessen sehr kleinflächig vorzuarbeiten und womöglich in einer Session nur die Nase zu bearbeiten. Es versteht sich von selbst, dass eine solch kleine Fläche bereits in der ersten Schicht eine weitaus höhere Ausarbeitung erfährt als bei meiner Methode. Später wird Eloy noch verschiedene Glasurschichten auftragen.
Diese verschiedenen Aspekte – einschließlich der vermeintlich “schlechten” Vorlage – verfolgen den gemeinsamen Zweck, weniger im Voraus zu planen und stattdessen den Blick auf das Wesentliche zu konzentrieren: Helligkeitsstufen und Farben – die Hauptaspekte des Hyperrealismus. So war es auch nicht verwunderlich, das Eloys Kommentar zu meinem ersten Tageswerk war: “Du arbeitest viel zu kontrolliert und angespannt.” Er ermutigte mich zu einer “frischeren” Herangehensweise.
Eloy konzentriert sich nicht auf zu viele Details. Auch wenn er unendlich lange an einem Quadratzentimeter herummalen kann und unzählige Male seinen Blick zwischen Vorlage und Kunstwerk hin- und herschweifen lässt, so kommt es ihm nicht darauf an, jede einzelne Pore oder jedes Härchen zu malen. Sein Hautaugenmerk ist die Illusion, die entsteht, sobald mal eine gewisse Distanz zum Kunstwerk einnimmt. Plötzlich meint man genau all diese Details zu sehen, aber sie verschwinden, je näher man die Nase vor die Leinwand hält. Auch wenn ich schon immer wusste, dass, wer malen will, in erster Linie gut sehen können muss, habe ich erst im Verlauf dieser drei Tage und vor allem bei der Beobachtung, wie Eloys Kunstwerk entsteht, das gesamte Ausmaß dieser Tatsache begriffen. Das vorgegebene Referenzfoto unterstützte diesen Ansatz insofern, dass man hier gar nicht erst in Versuchung geriet, die kleinen Details zu suchen, da sie gar nicht zu erkennen waren. Außerdem kann die Künstlerin oder der Künstler so auch viel mehr “von sich selbst” in das Porträt hineingeben – laut Eloy ein auch nicht zu unterschätzender Aspekt.
Es hat also ein paar Mal “klick” gemacht – ein ganz wichtiger und auch angestrebter Effekt eines solchen Workshops, den man beim Lesen von Büchern über Maltechniken eher nicht haben wird. Die Umsetzung in der Praxis hingegen wird nur im Anschluss durch ständige Übung erreicht. Niemand wird in drei Tagen ein Profi. Ich habe mich inzwischen mit Liquin® eingedeckt, mir wenige (!) Rundkopfpinsel gekauft und mir nun ein neues “schlechtes” Referenzfoto ausgesucht. Ich bin sehr motiviert, diese Technik erneut anzuwenden 🙂

Ich habe außerdem viele wunderbare Menschen mit den gleichen künstlerischen Vorlieben und Ambitionen wie ich kennen gelernt, mit denen ich hoffentlich mindestens über Facebook verbunden bleiben werde. Und vielleicht sieht man sich auch mal wieder. Ich jedenfalls habe fest vor, im nächsten Jahr noch einmal nach Madrid zu fliegen und Eloys Workshop erneut zu besuchen!
(Titelfoto: Eloy Morales)
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PORTRAIT WORKSHOP WITH ELOY MORALES
Eloy Morales’s studio is located in an industrial area in northern Madrid.There’s not much to see in this part of town, but that’s not the reason why I am here anyway. Those who wish to see more of the city can easily use public transportation downtown or even choose a hotel there. It’s only about 20 minutes by train. I am in awe immediately upon entering the studio: a huge one-room maisonette apartment with a large window front facing north over the two storeys, plus balcony.
Participants from all over the world had arrived to share the weekend with Eloy: from diverse European countries, the US, Ecuador, and Qatar. I like this a lot about this kind of workshops: if you are prepared to travel and invest some money – which means you attend a real master class workshop – then you can be pretty sure that others do the same and you can expect the group to be internationally mixed.

Eloy is a wonderful teacher who knows how to instantly create a very pleasant atmosphere within the group. Even if he, from the beginning, insisted on some rules (like permission of mobiles only 10 minutes before the break or the end of the working day), he is generally very relaxed and laid-back with us. He always takes his time for one-on-one mentoring, answers every question, and gives really valuable advice. He stresses the fact that he really likes passing on his knowledge. You can tell that he is really passionate about and committed to what he is doing. So it is no surprise that some participants are not here for the first time and that, as a result, it really shows in their quality of work.
Our first task is to transfer the reference photo to our canvas with the help of a sheet of transparent paper, another one of carbon paper, and a pencil. This assignment was already quite challenging for me as the photograph did in no way compare to the high quality photographs I am used to working with and I thought it was really bad: it was blurry, had large very dark parts, you could only assume many of the outlines, whereas the few highlights were quite overexposed. But Eloy’s choice of this photo was well thought-out! Find out why further down below.
Then Eloy gave a demonstration of his technique. I must continue with a little background information about myself first, though: with regard to oil painting, I am completely self-taught so far. This means that over the years, I have developed my own technique and my own palette. Of course, I picked up things from books or the internet, but generally my technique is quite patchworkwise and actually very different from Eloy’s. It is not easy to adapt to a new technique at once. But I really wanted to study Eloy’s technique as I really admire his artistic skills. So I planned to do everything like he said. What is all the money for the workshop good for anyway if I prefer to stick to my old ways?
So first I had to limit myself from usually ten – or sometimes even 20 – brushes in one session to exactly one! Plus, Eloy uses a kind of brush that until then seemed to me, first, too soft (round brush instead of filbert brush) and, second, to big (size 6 instead of 2 or even smaller).
Then I was not expected to mix colors before I started painting. Instead I was supposed to do that only in the process of painting whenever I needed a new color. At least Eloy’s basic colors on the palette were not completely different from my usual selection. So that was definitely an advantage. I would recommend that you don’t know anything about color mixing already before registering for a workshop with Eloy. You should be able to completely focus on the actual painting technique here.
I also used the medium Liquin® for the first time, which speeds up the drying process of oil colors. But this was only a marginal change for me.

The main challenge, though, was to change the actual painting technique: I am used to usually finishing a complete thin first layer of an entire face in one session. Eloy, on the other hand, picks a small area, for example the left eye or the nose only, spends a lot of time on it and trys to work out the first layer already in many details so it actually looks almost done already. In fact, it’s not, however. Eloy will apply several glazing layers later.
All these aspects – including the “bad” photo -have the common goal to plan ahead less and instead focus on the essentials of hyperrealism painting: values and colors. Eventually I wasn’t surprised when Eloy’s comment on my first day’s work was, “You are much too controlled and tense.” He was encouraging a “fresher” approach.
Eloy does not concentrate on too many details. Even if he is able to work on a small area for the longest time allowing his glance to wander countless times back and forth between painting and reference photo, he does not intend to capture every single hair or pore. His principal focus lies on creating the illusion of hyperrealist art, which always happens as soon as you literally step away from the painting. All of the sudden you think you are seeing exactly those left out details. But they disappear from your eyes when you step closer again . I had always known that a good painter must be able to see very well in the first place. But only after this three-day workshop and especially after closely watching Eloy paint for a while, I have come to understand the full extent of this fact. The reference photo selected by Eloy supported the approach in so far that you weren’t even tempted to look out for all the little details as they were simply not there. In addition, the artist has a much bigger chance of adding more of themselves to the portrait – an aspect that should not be underestimated according to Eloy.
So it “clicked” several times – a very important and desired outcome of a workshop like this that you probably won’t have after reading a book on painting techniques. The successful implementation, however, can only be attained by continuous practising. Nobody can turn into an expert after three days only. Meanwhile, I have stocked up on Liquin® and a few (!) new round brushes, and I have selected a new “bad” reference photo for my next project. I feel really motivated to try again the exactly same technique 🙂
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