28 | Fotografie versus Fotokunst

ENGLISH TEXT BELOW: PHOTOGRAPHY VERSUS PHOTO ART BY GUEST WRITER JÜRGEN OSTER

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Gastbeitrag von Jürgen Oster:

Einleitende Gedanken
Ein Rekordpreis von 3,1 Millionen EUR für die Fotografie „Rhein II“ von Andreas Gursky – wow! Der Gedanke, dass es sich um eine spekulative Wertanlage handelt, liegt natürlich nahe. Aber ohne die Einstufung als besonderes fotokünstlerisches Werk, wäre dieser Rekordpreis niemals erzielt worden. Doch wann wird Fotografie zur Fotokunst?

Die Abgrenzung ist nicht immer einfach, denn der Übergang ist oftmals fließend. Dennoch müssen Kriterien vorhanden sein, die eine Fotografie in den Adelsstand der Fotokunst erheben.

Das Herausfiltern objektiver und subjektiver Kriterien ist die Zielsetzung des nachfolgenden Beitrages.

Kriterien zur Einstufung als fotokünstlerische Arbeit
Alleine mit Smartphones werden täglich Millionen von Bildern aufgenommen. Überwiegend handelt es sich um Fotografien, mit der Intention eine bestimmte Situation festzuhalten. Bei Millionen von Bildern entstehen naturgemäß auch sehr gute und besondere Aufnahmen.  Doch kann man hier bereits von Fotokunst sprechen? Eher nicht, denn es handelt sich meistens um Einzelaufnahmen, die rein zufällig und ohne künstlerischen Vorsatz entstanden sind.

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© Jürgen Oster “Fractalo XVII_139”

Entstehen die Aufnahmen aber mit dem Anspruch, beispielsweise besondere Perspektiven eines Bauwerkes zu erfassen, sind wir bereits an der Schnittstelle zur Fotokunst angelangt. Es ist auch keineswegs unbedeutend, wer die Aufnahmen macht. Ist es ein berufsmäßiger Fotograf, ein Künstler oder eine Person, die einfach nur Freude an der Fotografie hat?

Nehmen wir einfach mal an, dass eine Serie solcher Aufnahmen einem Galeristen gefällt und in einer Ausstellung präsentiert wird. Wäre dies nicht ein weiteres Kriterium, dass es sich um Fotokunst handelt?

Besondere Techniken, wie hohe ISO-Werte, Langzeit- und Mehrfachbelichtungen und ähnliche Vorgehensweisen lassen eine künstlerische Ausrichtung und Zielsetzung erkennen.

Die bisher erfassten Kriterien betreffen erst einmal die Aufnahme selbst, der nächste mögliche Schritt wäre die Beeinflussung der Fotografie, mit dem Ziel einer künstlerischen Veränderung. Es spielt dabei keine Rolle, ob diese Veränderung im eigenen herkömmlichen Fotolabor oder im Rahmen der unglaublichen, digitalen Möglichkeiten erfolgt.

Digitale Werkzeuge und der Einfluss auf die Fotografie

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© Jürgen Oster”Enthusiasm Arte Inverso XVII_59″

Eine durchaus übliche Vorgehensweise ist es, Farbe und Kontrast von Fotografien am Bildschirm zu verbessern. Dies hat erst einmal nichts mit Fotokunst zu tun. Werden allerdings diese Möglichkeiten mit dem Vorsatz eingesetzt, die Realität und Wirkung dieser Aufnahmen entscheidend zu verändern, kann von einem fotokünstlerischen Ansatz gesprochen werden. Zugegeben: Ein sehr fließender Übergang.

Werden digitale Werkzeuge experimentell und kompositorisch eingesetzt, handelt es sich zweifelsfrei um Fotokunst. Das Ziel, die Realität zu verändern oder sogar neue Realitäten zu schaffen ist auf Anhieb erkennbar.  Die Frage, ob es sich um gute Kunst handelt, spielt hierbei keine Rolle, denn diese Frage stellt sich generell bei Kunstwerken.

Fotokunst am Beispiel von Andreas Gursky
Zu den weltweit bekanntesten deutschen Fotografen und Fotokünstlern zählt Andreas Gursky.

Gursky war Meisterschüler bei Bernd Becher. Somit verfügt Gursky über eine fundierte Ausbildung und ein ausgezeichnetes Renommee. Gursky plant seine Werkreihen langfristig und akribisch. Dementsprechend ist auch seine Arbeitsweise. Er arbeitet sowohl analog mit großformatigen Plattenkameras, als auch experimentell digital. Ein Beispiel sind die multiperspektivisch aufgenommenen Wohnblöcke Montparnasse in Paris. Ein weiteres Beispiel ist die Rennstrecke in Bahrein. Digital neu zusammengesetzt, zeichnet sich dieses Werk durch seinen abstrakten Charakter aus. Seine absolut großformatigen Arbeiten verfügen über eine unglaubliche Detaillierung.

Bekanntheit und daraus resultierende Vernetzung verschaffen Gursky Zugang zu Aufnahmestätten, die den meisten Künstlern verwehrt bleiben. Letztendlich werden seine Werke von weltweit bekannten Galerien vermarktet und hängen in vielen großen Museen.

In dieser Kurzbeschreibung von Andreas Gursky sind alle Kriterien erkennbar, die eine Einstufung als Fotokunst ermöglichen.

Resumee
Niemand sollte nun in eine künstlerische Depression verfallen, weil er nicht alle Kriterien erfüllt, die bei Andreas Gursky vorhanden sind.

Wichtig ist allerdings eine überwiegend zielorientierte Arbeitsweise zur Erstellung von fotokünstlerischen Werkreihen, mit dem Eigenanspruch, etwas Außergewöhnliches zu schaffen.

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© Jürgen Oster

 

Erfahre mehr über Jürgen Oster auf seiner Webseite:

www.oster-fotoart.de

(Titelbild: Jürgen Oster “Old Factory XV_01”)

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PHOTOGRAPHY VERSUS PHOTO ART BY GUEST WRITER JÜRGEN OSTER

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Introduction
A record price of 3.1 million EUR was paid for the photography „Rhein II“ by the German photographer Andreas Gursky – wow! It seems reasonable to suppose that the purchase is meant to be a speculative form of investment. If it had not been classified as a special photographic piece of art, however, this high price would not have been reached. But when does photography become art?

The differentiation is not always easy as the transition is often fluent. Still there must exist criteria that turn a photography into a decent piece of art.

Finding relevant criteria, both objective and subjective ones, is the aim of this article.

Criteria for the classification of photographic art
Smartphone users take millions of pictures daily. Mostly they aim to capture specific moments. Naturally, there are always some high quality and very special pictures among such a high number of them. But can this already be qualified as art? No, for these good pictures exist in very limited numbers only and were taken completely randomly and without any artistic intention.

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© Jürgen Oster “Fractalo XVII_139”

But if the photographers’s objective is, for instance, to capture the specific perspective of a building, this does already represent the interface to art. It is also of crucial significance who is taking the picture. Is it a professional photographer, an artist, or just someone who likes taking pictures?

Let’s assume a gallerist likes a series of such pictures. Wouldn’t that be a decisive criterion that we are dealing with art?

Certain techniques like high ISO values, time or multiple exposure, or other procedures clearly show an artistic approach.

The so far identified factors only involve the photography itself. The next possible step is the editing of the picture with the objective of an artistic modification. It does not play a role whether this modification is done in a traditional photo lab or by applying the amazing digital possibilities.

Digital tools and their influence on photography

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© Jürgen Oster”Enthusiasm Arte Inverso XVII_59″

It is a common approach to enhance color and contrast of photographies at  the computer screen. This is not an artistic act already. However, when done so with the intention to significantly change reality and effect then we can speak of an artistic concept. Admittedly, the transition between the two options is very fluent.

When digital tools are used experimentally and compositionally, this is art without a doubt. The objective to change reality or even create new realities is then immediatley apparent. The question whether this is good art is not important here as this is a question that must be asked with regard to any piece of art.

Photo art presented by the example of Andreas Gursky
Andreas Gursky is one of the most famous German photographers and photo artists worldwide.

Gursky has attended the master class by Bernd Becher. So he has aquired a profound expertise and an excellent reputation. Gursky always had a long-term plan for and meticulous preparation of his work series. He worked analogically with larged-sized plate-cameras, but also enjoyed digital experiments. Examples include the apartment blocks Montparnasse in Paris, and the circuit in Bahrein. Digitally assembled in an innovative manner, this work is characterized by its abstract nature. His enormously large-sized works have an incredible level of details.

Gursky’s reputation and the resulting network provided him priviledged access to places that are denied to most other artists. After all, his art is marketed by world-famous galleries and displayed in many big museums.

This brief outline of Andreas Gursky’s biography shows all criteria which clearly classify him as a photographic artist.

Summary
No artist should become all depressive now when she or he does not meet all the requirements that are set by Andreas Gursky.

It is important, however, to pursue a structured working method and focus on creating photo art series of exceptional nature.

(Translation by Seona Sommer)

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© Jürgen Oster

 

Find out more about Jürgen Oster on his (German)  website:

www.oster-fotoart.de

(title image: Jürgen Oster “Old Factory XV_01”)

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