Ein Gastbeitrag von Maxim Simonenko
Gesichter zu zeichnen ist an sich schon sehr herausfordernd. Deshalb ist es absolut empfehlenswert, erstmal ein Konstruktionsmodell zu lernen. Das heißt eine Methode, um Gesichter mit denselben Proportionen zu zeichnen. Man braucht erstmal eine Herangehensweise, um sich im Gewusel der ganzen Gesichtszüge zu orientieren.
Schwierig wird es jedoch, wenn man von diesem Standard-Proportionsmodell abweichen möchte. Denn das muss man irgendwann, um treffende Portraits und einzigartige Charaktere zu zeichnen. Die Nase, die Lippen, die Augen, die Ohren – sie sind bei jedem Menschen ein Alleinstellungsmerkmal.
Charakteristische Gesichtszüge zeichnen und individuelle Proportionen im Gesicht erkennen ist ein schwieriges jedoch lohnenswertes Unterfangen. Wenn man lernt, charakteristische Gesichtszüge bei jedem Menschen zu erkennen, fängt, wie ich finde, der größte Spaß am Zeichnen des menschlichen Gesichtes an.

Nun, wie lernt man, Gesichter bewusster zu sehen und seine Charaktere individuell zu gestalten. Nicht indem man die Frisur verändert oder der Figur unterschiedliche Accessoires verpasst, sondern indem man jedes Gesichtsbestandteil bewusst mit Charakter füllt.
Hier kommen 3 Tipps, die mir stark geholfen haben, mich vom Zeichnen recht statischer Gesichter zum deutschlandweit gefragten Schnellportrait-Zeichner spannender Schnellportraits zu entwickeln:
Tipp 1: Konstruiere deine Kopfzeichnung dynamisch
Was ich damit meine ist, dass du aufhörst zu viel zu konstruieren und lernst dich bei jedem Gesicht neu auszurichten. Ist der Kopf eher viereckig oder rund oder eher dreieckig bzw. eiförmig? Lasse dir Zeit am Anfang, den Kopf zu betrachten und dann passend zum Kopf Formen zu wählen und deine Gesichtszeichnung aufzubauen.
-> Dazu habe ich auch eine kostenlose Anleitung in Form eines PDFs erstellt: >LINK
So verhinderst du schon am Anfang deiner Zeichnung, mit derselben Kopfform anzufangen. Meist sind es Ovale oder Kreise, die in Zeichenbüchern oder Online-Anleitungen empfohlen werden. Wenn du bei jedem Gesicht mit demselben Rahmen anfängst, ist es nur sehr schwer, sich von diesem Rahmen zu lösen. Fange deshalb jedesmal mit einem anderen Rahmen an, passend zur Person, die du zeichnest, oder dem Charakter, den du entwickelst.
Aus diesem Grund baue ich meine Zeichenkurse mit drei unterschiedlichen Charakteren auf. Mr Quader, Mr Kreis und Ms Dreieck. Diese Charaktere haben völlig unterschiedliche Kopfformen, Augen, Lippen, Nasen und Ohren. Dadurch lernen meine Teilnehmer von Anfang an unterschiedliche Herangehensweisen beim Gesichter Zeichnen und haben es einfacher, individuellere Charaktere zu entwickeln.
Tipp 2: Konzentriere dich erstmal auf einzelne Gesicht-Elemente wie Nase, Ohren, Lippen und Augen
Charakteristische Gesichtszüge zeichnen ist wirklich schwer und komplex. Deshalb ist es gut, diese Komplexität in kleinere Brocken aufzuteilen.
Zeichne zum Beispiel erstmal Ohren. Eine oder mehrere Wochen. Auch wenn’s langweilig klingt! Aber man braucht einfach den Fokus und die Übung, bis man bewusst erkennen kann, wie fein und unterschiedlich Ohren sind. Jedes Ohr hat seinen eigenen Charakter!
Ich habe eigene Blog-Einträge zum charakterstarken Zeichnen von Ohren, Augen, Lippen und Nasen geschrieben. Da siehst du, wie man diese einzelnen Gesichtsbestandteile weiter einteilen kann.
Interessant ist, dass jeder Mensch auf etwas anderes, besonders beim Gesicht, achtet. Also wenn man jemanden neu trifft. Bei mir sind es zum Beispiel die Ohren und die Stirn. Da achte ich als erstes drauf, hehe. Keine Ahnung warum! Ein Freund achtet stark auf Augenbrauen. Wie ist es bei dir? Beginne deine Übungen am besten mit dem Gesichtsteil, den du am interessantesten findest, und zeichne dich durch das gesamte Gesicht durch. Danach wirst du es viel einfacher haben, ein komplettes Gesicht zu zeichnen.
Falls du es schwer hast, dich auf Übungen zu fokussieren und durchgehend dabei zu bleiben, dann empfehlen sich Zeichenkurse dafür. Es gibt sicher Zeichentreffs in deiner Umgebung oder besuche einen Online-Zeichenkurs. In einer Runde mit Gleichgesinnten und am besten mit einem motivierenden Kursleiter, übt es sich einfach leichter. Ich bin früher immer sehr gerne zu Zeichenkursen gegangen. Heute liebe ich es, selber welche zu geben. 🙂
Tipps 3: Traue dich reale Menschen live zu zeichnen

Es hat mich soviel Überwindung gekostet! Und ich muss sagen, ich bin heute auch noch nervös, wenn ich Personen live zeichne. Wobei ich dazu sagen muss, dass ich es meist vor vielen Leuten auf einem Event mache und sehr gut bezahlt werde. Da kommt noch anderer Druck dazu. Was ich sagen möchte ist: Es ist schwer! Außer dir macht es nichts aus und du kannst einfach jemanden zeichnen, ohne dich um dessen Meinung zu scheren. Diese Abgeklärtheit habe ich nicht! Und ich denke viele Hobby- und Profi-Künstler auch nicht.
Bei mir ist es die Angst zu “versagen”, die Enttäuschung des Portraitierten zu sehen, wenn er sich selbst nicht im Bild erkennt, oder dass mein Auftraggeber unzufrieden ist. Wenn man jemanden live zeichnet, bekommt man das Feedback sofort. Ob man dafür bereit ist oder nicht.
ABER keine Übung hat mich effektiver im Zeichnen von Gesichtern verbessert wie das Live-Portraitieren!
Wenn du in einer Runde mit Freunden unterwegs bist oder im Kreis deiner Familie, frag, ob du sie kurz zeichnen könntest. Und skribbel drauf los! Egal wie schlimm (in deinen Augen) die Zeichnung wird! Zeichne dich durch diese Unsicherheit durch und du wirst definitiv belohnt.
Das Feedback, das man gleich bekommt, ist super wertvoll. “Ich hab nicht so eine große Nase!” Oder: “Meine Augen sehen ganz anders aus!” Solche Aussagen bringen dich dazu, genauer hinzuschauen und Elemente im Gesicht wahrzunehmen, die du vorher gar nicht beachtet hattest. Andere sehen nun mal anders und dadurch kannst du sehr viel für dein Sehen abgreifen!

Es braucht eine Reihe von Live-Portraits, bis man eine gewisse Routine entwickelt hat. Meine alte, russische Zeichenmeisterin hat mir erzählt, dass sie in ihrer damaligen Zeichenschule neben dem normalen Zeichenunterricht jede Woche 75 Schnellportraits abgeben musste. Über mehrere Jahre hinweg! Damit möchte ich dir nur bewusst machen, dass du nach 10, 20 oder 100 gezeichneten Portraits noch nicht traurig zu sein brauchst, wenn es noch nicht klappt.
Gesichter zeichnen braucht einfach seine Zeit. Damit du diese Zahl an Portraits schaffst, ist es super wichtig, dass du den Spaß am Zeichnen nicht verlierst. Zeichne deshalb was du magst, übe in Gruppen mit Gleichgesinnten und informiere dich immer wieder über Techniken und Methoden von Zeichnern, die dort sind, wo du sein möchtest mit deinem Zeichenskill.
In dem Sinne: Viel Erfolg! Zeichnen ist eine großartige Herausforderung, die aber auch phantastische Belohnungen parat hat.
Wer ist Maxim Simonenko?
Hehe, vielleicht fragst Du dich wer ich bin? Und warum ich das alles schreibe? Nun, ich liebe es, Menschen und speziell Gesichter zu zeichnen!
Seit 12 Jahren bin ich freiberuflicher Künstler. Heute habe ich mich auf vielseitiges Portrait-Zeichnen spezialisiert. Ich zeichne als Schnellzeichner auf Messen, Conventions, aber auch auf Hochzeiten und Geburtstagen live. Es macht mir super viel Spaß, mich mit Menschen zu unterhalten und sie dabei zu zeichnen.
Früher habe ich in der Spiele- und Filmindustrie als Zeichner gearbeitet. Aber ich musste realisieren, dass es nichts für mich war. Ich schreibe gerne, ich nehme gerne Videos auf, mache Zeichenkurse, bilde mich weiter und reise. Als Festangestellter oder auch Freiberufler für Unternehmen kann ich mich nicht komplett ausleben.
Ich verdiene mittlerweile sehr gut und habe angefangen Zeichen-Anleitungen zu schreiben, auch einen Podcast über das Künstlerleben zu führen und Online Zeichenkurse anzubieten.
Schau dich gerne auf meiner Homepage um https://maximko.de/
Danke fürs Lesen! 😀
Viele kreative Grüße und viel Spaß! 🙂
Maxim
P.S.: Hol dir gerne meine kostenlose Starterkit-Portrait-Anleitung für mehr Infos zu charakterstarkem Zeichnen: -> Jetzt herunterladen
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