133 | Artists for Future – Heute: Der ökologische Fußabdruck von Künstler*innen

Künstler*innen verringern ihren ökologischen Fußabdruck

Als freischaffende*r Künstler*in und damit selbstständig Arbeitende*r hat man den Vorteil, nicht den Anweisungen von oben folgen zu müssen. Aber man hat auch den Nachteil, dass man das Rad alleine immer wieder neu erfinden muss. So recheriere ich immer wieder gerne bei anderen, wenn mich ein neues Thema interessiert. Als “Artist 4 Future” auf der Suche nach Ideen zum Wohle unseres Planeten ist die Suche jedoch mühselig, da es bisher kaum Material dazu gibt. Aber auch Künstler*innen hinterlassen einen Ökologischen Fußabdruck.

Umso erfreuter bin ich, auf Tom Albrecht aus Berlin gestoßen zu sein. Am 22.11.2019 fand im Projektraum der Group Global 300 – Galerie für nachhaltige Kunst in Berlin der Workshop “Wie können Künstler/innen ihren ökologischen Fußadruck verringern? Thema ist ihre Alltagspraxis, die Wahl ihrer Materialien, ihr Reisen und Transport. Moderation: Tom Albrecht” statt. Ich konnte selbst nicht anreisen, aber Tom hat mir liebenswürdigerweise die Ergebnisse zur Verfügung gestellt.

Empfehlungen für die Arbeit im Atelier

Beim Sichten der handschriftlichen Notizen stelle ich fest: Wow! So viele Ideen schon! Und vollkommen inspiriert fallen mir gleich noch jede Menge weitere dazu ein! Nun gilt es, aus den zunächst ungeordneten Ideen, ein paar handfeste Empfehlungen zu formulieren, alles unter dem Vorsatz, weniger Müll zu erzeugen und nachhaltiger zu arbeiten.

Die folgenden Listen & Empfehlungen, was du als Künstler*in tun kannst, um deinen ökologischen Fußabdruck zu verringern, beruhen auf der Grundlage von Toms Notizen aus dem Workshop (siehe oben):

Weniger Müll erzeugen

  • Allgemein gilt: Nichts wegzuwerfen ist eine ökologische Qualität, die es zu erreichen und zu pflegen gilt.
  • Wenn du mit Farben aus Tuben arbeitest: Drück nur so viel auf die Palette, wie du auch wirklich brauchst.
  • Überlege genau, an welcher Stelle du in deiner Kunst Material sparen oder darauf verzichten kannst. Oder vielleicht kannst du bestimmtes Material auch durch gewöhnliche Alltagsgegenstände oder Fundstücke ersetzen (vgl. Arte Povera > Wikipedia).
  • Das gilt auch für Handwerkszeug, z.B. alte T-Shirts als Lappen.

Wenn es dir deine Kunst nicht so sehr erlaubt, auf bestimmtes Material zu verzichten, dann kannst du andere Strategien entdecken, wie du sparen kannst :

  • Eine gute Säuberung und Pflege von verwendetem Material steht dabei an erster Stelle. So brauchst du zum Beispiel nicht alle sechs Monate eine neue Palette zu kaufen.
  • Pflege auch deine Schräubchensammlung und kaufe nicht bei jedem Boesner-Besuch eine neue 10er-Packung. Brauchst du überhaupt gleich wieder 10? Oder reichen vielleicht 2 oder 3, die du einzeln im Baumarkt bekommen kannst?
  • Hast du Material oder Geräte, das bzw. die du nicht mehr brauchst? Biete es deinen Künstlerkolleg*innen an!
  • Brauchst du Geräte, die du selbst nicht hast? Von welchen Kolleg*innen kannst du sie dir leihen?
  • Man könnte sogar ein Netzwerk und einen richtigen Material-/Gerätefundus für bildende Künstler*innen zum Tauschen & Leihen aufbauen.
  • Bewahre auch ältere Werke auf: Vielleicht kannst du sie doch noch verkaufen? Oder wieder ausstellen? Oder für ein neues Kunstwerk wiederverwerten?
  • Wenn du Workshops anbietest: Gib den Leuten vorab eine gut durchdachte Materialliste. Ist wirklich alles notwendig? Kannst du vielleicht nach “wichtig” und “unwichtig” unterscheiden?

Ein Verein mit Vorzeigecharakter in Sachen Nachhaltigkeit

Ein ganz tolles Beispiel für die nachhaltige (Wieder-)Verwendung von Künstler*innenmaterial ist die Arbeit von KUNST-STOFFE Zentralstelle für wiederverwendbare Materialien e.V. Der Berliner Verein sammelt unter anderem nicht mehr benötigte Überschüsse aus Kunst & Kultur in einem großen Lager und verkauft diese dann günstig an Künstler*innen weiter. Ein Blick auf die Webseite zeigt die großartigen Ideen der Initiative und ein gut durchdachtes Konzept. Hoffentlich wird es bald Nachahmer*innen in anderen Städten geben!

Umwelt schonen

  • Verzichte beim Reinigen der Pinsel auf Lösungsmittel, wenn möglich. Alternativ kannst du sie erst mit Sonnenblumenöl und danach mit Gall- oder Kernseife reinigen. Am besten reinigst du sie auch vor, bevor sie mit Abwasser in Berühung kommen, da die Pigmente schädliche Stoffe wie Schwermetall enthalten können.
  • Für deinen Abwasserabfluss besorge dir im Baumarkt eine Absetzvorrichtung, die grobe Schmutzpartikel abfängt.
  • Wenn möglich, verwendest du erst gar keine Pigmente, die z.B. Blei oder Kadmium enthalten.
  • Entsorge deinen Müll ordentlich: Leere Behälter oder Verpackungen kommen in die Gelbe Tonne.
  • Aber Achtung: Lösungsmittel sowie Farbreste mit schädlichen Inhaltsstoffen gehören in den Restmüll oder ggf. auch in den Sondermüll. Erkundige dich bei deinem örtlichen Entsorgungsunternehmen.
  • Wenn du eine Wahl hast: Kaufe das Produkt ohne Plastik. Wähle z.B. eine Holzfaserplatte (MDF) statt einer Leichtschaumplatte (KAPA).

Eigene Gesundheit schützen

  • Beim Malen mit Öl und Acryl ist es ratsam, Handschuhe aus Latex zu tragen. Bei einer Hautempfindlichleit gegen Latex kannst du noch  Baumwollhandschuhe darunter anziehen.
  • Allgemein verträglicher für die Umwelt und Natur sind Eitempera und Gouache-Farben.

Wie geht es weiter?

Tom hat fest vor, weitere Workshops zum Thema durchzuführen. Vielleicht hast auch du gute Ideen, die du schon erfolgreich umsetzt? Dann würden wir uns darüber hier in den Kommentaren freuen! Auch umfangreichere Gastbeiträge hier im SommerKunstBlog dazu sind gerne gesehen. Oder vielleicht hast du einfach einen guten Tipp, wo wir weiter dazu recherchieren können.

Ökologischer Fußabdruck

Auf dieser Webseite des Global Footprint Network kannst du deinen eigenen Ökologischen Fußabdruck berechnen (Service leider nur auf Englisch erhältlich).

Hier kannst du mit Tom Albrecht Kontakt aufnehmen:

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12 Kommentare

  1. Hallo liebe Seona.
    Viele dieser Praktiken in der Ölmalerei verwende ich bereits, wie das Reinigen von Pinseln nur mit Lappen und Leinöl (nicht Sonnenblumenöl) zwischen den Malvorgängen und dann mit Kernseife und Wasser am Ende des Tages, um Terpentin oder chemische Pinselreiniger zumindest für diese Phase zu vermeiden.
    Für Acryl ist es etwas komplexer.
    Ich persönlich verwende in meiner Technik sehr wenig Farbe und hauptsächlich in Metall-Tuben. Aber ich unterrichte in so etwas wie 50 Acryl-Workshops pro Jahr durch Deutschland, und muss ich wegen der Menge, Flaschen benutzen. Mein Tipp ist: wenn eine Flasche leer zu sein scheint, schneide ich sie in die Mitte und nehme die restliche Farbe mit einem Spachtel heraus und stecke sie in eine andere angefangene Flasche. In einer 500-ml-Flasche haften manchmal mehr als 15% der Farben an den Seiten!
    Bei Acryl ist das eigentliche Problem die Reinigung von Palette und Pinsel. Früher war die Wahl, entweder eine neue oder recycelte Einweg-Kunststoffpalette (Eisbehälter, Gemüseschale usw) zu verwenden und sie danach wegzuwerfen (Abfall erzeugen, aber Wasser sparen) oder eine wiederverwendbare Palette zu verwenden, um sie zu reinigen (dabei viel Wasser verschwenden). Jetzt habe ich einen Kompromiss gefunden: Abreißpaletten. Am Ende verwendet man kein Wasser, um sie zu reinigen, und man muss werfen statt festem Kunststoff nur ein Blatt Wachspapier weg.
    Dazu reinige ich Pinsel zuerst mit Papier (wenn sie austrocknen, können sie wiederverwendet werden), um zu vermeiden, dass das Wasser zu oft gewechselt wird. Ich benutze auch keine Handschuhe, sondern eine spezielle schützende Handcreme.
    Liebe Grüße!

      1. Gerne. Die Creme, die ich benutze, heißt “Gloves in a bottle” https://www.glovesinabottle.com/
        Es wird auch in medizinischen Bereichen eingesetzt. Ich habe es hauptsächlich gekauft, wenn ich mit Soft-Pastell arbeite, weil meine Hände viel austrocknen, sie immer schwer zu reinigen waren und ich keine Handschuhe mag. Es ist keine fette Creme, man spürt es nicht. Aber ich benutze es auch, wenn ich mit Acryl und Öl male. Eine andere Creme für diesen Zweck, die auf dem Markt ist und bei Boesner gekauft werden kann, ist die PR88 in einem gelben Behälter. Es hat einen leichten Mandelduft, den ich allerdings nicht vertragen kann, aus diesem Grund benutze ich Gloves in a bottle.

      2. Gute Tipps, Elena. Das mit dem Aufschneiden und Ineinanderstecken mache ich schon lange, grins. Funktioniert auch mit Tuben. Da kratz und wisch aber auch noch den letzten Porkel raus – tut mir grundsätzlich in der Seele weh, so viel noch wunderbares Material zu verschwenden… (dito übrigens auch bei Lebensmitteln und Hygieneprodukten)

    1. Das Problem bei den Acrylfarben beginnt schon bei Händewaschen und endet beim Pinselreinigen: jede Menge Mikroplastik gerät ins Wasser… gar nicht daran zu denken, wieviel Haufen Farbe einem beim Malen allein schon wegtrocknen.
      ich benutze seit 15 Jahre nur noch Eiswürfebehälter mit Deckel, darin bleibt die Farbe monatelang frisch, steht sofort zur Verfügung, ist reisetauglich und ich kann mir die hochwertigsten Farben leisten, da sie nicht durch zu schnelles Trocknen vergeudet werden.
      Als Palette diene mir alte Pappen, Würstchenpappteller, Brettchen: alles nach dem Benutzen einmal mit den Farbresten überwischen, schönen Grauton erhalten und trocknen lassen. Wachspapier löst bei zuviel Flüssigkeit feine Partikel an, die bereits getrocknet sind.
      Was wirklich eine nervige Sondermüllerzeugung ist, sind die Quadratkilometer Noppen-Folien, Klebebänder, Kantenschoner und Verpackungsmaterialien aus Plastik, gerade wenn man ein Postpaket packt. Da hab ich noch keine Lösung…
      Skandalös ist aber auch, dass die einzige Kaseinfarbe, , die es noch gibt, umweltfreundich wie keine zweite, vom Markt genommen wird. (Plaka)
      Liebe Grüße zurück!

  2. Ich freue mich, dass die ökologischen Praktiken aus unserem Workshop in unserer “Artists for Future” – Ausstellung in Berlin hier ergänzt werden. Wir planen den zweiten Workshop am 2.7.2020 in unserer Ausstellung “Fossile Sucht”. Ich hoffe, dass wir da das sehr klimarelevante IT-Thema vertiefen können.

  3. Klasse Thema, liebe Seona – leider war ich so lange offline und jetzt erst endeckt…
    Mein Senf dazu:
    Also, alte verschließbare Plastikdosen nutze ich auch für meine noch übrige Farbe und leg immer ein nasses kleines Tuch mit rein – hält die Farbe lang streichfähig. Und dennoch eingetrocknete Farbreste (haben meist wunderbare zufällige Strukturen & Farbenspiele) verwende ich grundsätzlich weiter für neue Arbeiten. So auch die getrockneten Ringpöppel oben an den Farbtuben, auch Buntlinge getauft – kann man eigene Kunstwerke draus machen.
    Pinsel und Spachtel nicht in einen Lappen abwischen, sondern ‘Abstreifele’ vorrätig halten. Bei mir zum Beispiel diverseste Verackungspappen. Entstehen meist auch wunderbar eigenwillige neue kleine Werke draus.
    Eine gekaufte Palette hab ich noch gehabt. Nehme meist zerschnittene Tetrapak-Innenseiten – von denen kann man auch die eingetrockneten Restschichten ganz einfach wieder runterspachteln und weiterverwerten…
    Und selbst das gefärbte Wasser vom Pinselausspülen heb ich im Glas auf, lass es an der Luft etwas eindicken und färb damit kleine Altstofffetzen, die ich wiederum verkunstele (saugen den wässrigen Farbextrakt zu 100% auf).
    Mit der Kunst-Transportverpackung ist es allerdings wirklich eine Crux, zumal beim Verschicken. Beim Selbsttransport allerdings brauchts überhaupt keine Noppenfolie. Alte Handtücher, Bettwäsche (Kopfkissenbezüge insbesondere) etc. sind bestens geeignet! Dazu alte Kordel statt Tape.

    1. Vielen Dank, liebe Imke, für deine brauchbaren Tipps, die auch über deine eigene “Müllkunst” hinausgehen. Als “Müllkünstlerin” bist du ja quasi schon Artist 4 Future der allerersten Stunde! Vielleicht magst du bei Gelegenheit ja doch noch mal zur Vorstellung deiner selbst und zur Inspiration anderer einen Gastbeitrag über deine wunderbare Kunst schreiben?

  4. Ich freue mich sehr, dass immer mehr Künstler*innen auf den ökologischen Fußabdruck achten!
    Den kleinsten ökologischen Fußabdruck beim Erschaffen von Bildender Kunst hat die Digitale Kunst. Das Malen, Modellieren und Gestalten in der Virtuellen Realität, also im virtuellem Raum,
    braucht keine Materialien, Tuben, Behälter, setzt keinen Staub und Gerüche frei…
    Ende der 80er bin ich aus ökologischen Gründen von Öl zu Acryl gewechselt.
    Seit 4 Jahren arbeite ich nur noch im virtuellem Raum und habe die kreativste Zeit meines Lebens.
    Kunst am PC Monitor zu erschaffen hat mich nie interessiert (und eigentlich mag ich keine Computer und habe auch kein Smartphone)…die Arbeit in VR ist aber etwas völlig anderes…die Möglichkeiten sind gigantisch und „in die Luft zu Malen“ euphorisiert mich täglich seit 5 Jahren.
    Ach ja:
    Ich schätze, dass der ökologische Fußabdruck, bei der Herstellung eines PCs samt VR Equipment
    in etwa so groß ist wie beim Malen eines 2×2 Meter großen Ölgemäldes.
    Die Zukunft der Bildenden Künste vollzieht sich in der Virtual Reality.
    Liebe, bunte Grüße
    Micha Colory Krebs

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